Achim Szepanski

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Achim Szepanski (* 1957 bei Karlsruhe) ist ein deutscher Labelbetreiber und Schriftsteller.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Szepanski studierte nach dem Abitur in Frankfurt am Main Soziologie und Wirtschaftspädagogik.[1] Anfang der 1980er Jahre war er kurzzeitig Mitglied der Mainzer Noise-Band P.D.

Im Jahr 1991 gründete er das Techno-Label Force Inc. Music Works (FIM).[1] Die Philosophie des Labels war wesentlich von Underground Resistance geprägt, die ihre Arbeit auch immer als Statement gegen die von Major-Labels dominierte Musikindustrie verstanden und mit ihren Veröffentlichungen auch auf gesellschaftliche Missstände hinwiesen.[2] Von Anfang an positionierte Szepanski FIM als politisch motivierten, gesellschaftskritischen und intellektuellen Gegenpol in der vermeintlich hedonistischen Technoszene.[3] So erschienen mit Alec Empires SuEcide Pt.2 (FIM 029, 1992)[4] und dem darauf enthaltenen Stück Hetzjagd (Auf Nazis!) oder der Compilation Destroy Deutschland! (FIM 034, 1993)[5] Statements gegen die Anfang der 1990er Jahre wieder verstärkt aufkommenden rassistisch motivierten Ausschreitungen wie in Mölln, Rostock oder Hoyerswerda.

In Interviews bezog sich Szepanski oft auf poststrukturalistische Theorien und insbesondere auf das Werk Mille Plateaux des Philosophen Gilles Deleuze und des Psychoanalytikers Félix Guattari.[3] Das 1994 ebenfalls von Szepanski gegründete Label Mille Plateaux bezog seinen Namen und das Konzept direkt auch auf deren Idee der Rhizomatik. Diese diente als Metapher für ein postmodernes beziehungsweise poststrukturalistisches Modell der Wissensorganisation und Weltbeschreibung.

Nach Deleuzes Freitod im Jahre 1995 gab Szepanski das Compilation-Album In Memoriam Gilles Deleuze mit Beiträgen von u. a. Zoviet France, Alec Empire, Cristian Vogel, Christophe Charles, Atom Heart, Gas, Chris & Cosey, Jörg Burger, Steel, Jim O’Rourke, Oval, Mouse on Mars, Ian Pooley, Bleed, Scanner, DJ Spooky, Kerosene und El Turco Loco heraus.

Szepanski war unter anderem für die Konzeption von Compilationserien wie Rauschen, Modulation & Transformation, Clicks + Cuts oder Digital Disco verantwortlich.[1] Speziell mit der ab dem Jahr 2000 auf Mille Plateaux veröffentlichten Serie Clicks + Cuts gilt Szepanski als einer der Namensgeber für das gleichnamige Genre Clicks & Cuts.[6] Szepanski selbst betrachtet Clicks & Cuts vielmehr als eine Konzeption und ein Non-Genre.[7] Aus FIM und Mille Plateaux gingen zahlreiche weitere Sublabel wie Communism Records (1992), Riot Beats (1993), Position Chrome (1996), Force Tracks (1998) und Ritornell (1998) hervor.

Nachdem der Vertrieb EFA im Jahr 2004 Konkurs anmeldete, musste auch Force Inc. aufgrund der entgangenen Einnahmen den Betrieb einstellen.[8]

Ab den 1990er Jahren veröffentlichte er erste Aufsätze zur Theorie des Maschinellen, Psychologie und Gesellschaft, Adorno, Foucault, Deleuze und Guattari sowie zur Theorie der elektronischen Musik.[1] 2003 gab er gemeinsam mit Marcus S. Kleiner das Buch Soundcultures heraus, in dem zentrale Aspekte elektronischer und digitaler Musik diskutiert wurden.[9] 2011 erschien mit Saal 6 Szepanskis erster Roman. Seitdem arbeitet Szepanski wieder verstärkt im Bereich der Theorie und hat im Jahr 2014 das zweibändige Werk Kapitalisierung sowie 2016 Der Non Marxismus im Laika-Verlag vorgelegt. 2018 erschien eine als Einführung konzipierte Darstellung der Ökonomie im 21. Jahrhundert, in der er insbesondere das finanzielle Kapital untersucht. Nach dem G-20-Gipfel in Hamburg gab Szepanski eine Essaysammlung zum Thema riot heraus, in der auch das Vorwort von Joshua Clover erstmals ins Deutsche übersetzt wurde. Sein nächstes Werk waren drei zusammenhängende Essays über Imperialismus, Staatsfaschisierung und Kapital. Außerdem zeichnet er für das Online-Magazin NON verantwortlich.

Seit 2018 betreibt er wieder die Labels Force Inc. und Mille Plateaux. 2020 veröffentlichte er den Sammelband Ultrablack of Music und 2022 sein erstes Buch in englischer Sprache Financial Capital in the 21th Century.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • als Hrsg. mit Marcus S. Kleiner: Soundcultures. Edition Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-12303-3.
  • Saal 6 – Roman. Rhizomatique, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-9813227-2-9.
  • Pole Position – Roman. Rhizomatique, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-9813227-0-5.
  • Verliebt ins Gelingen – Roman. Rhizomatique, Wiesbaden 2012.
  • Geld und Zeit. Zur Strukturalität des Finanzkapitalismus - Essay. 2012.
  • Kapitalisierung Bd. I - Marx' Non-Ökonomie. Laika-Verlag, Hamburg 2014, ISBN 978-3-944233-12-3.
  • Kapitalisierung Bd. II – Non-Ökonomie des gegenwärtigen Kapitalismus. Laika-Verlag, Hamburg 2014, ISBN 978-3-944233-23-9.
  • Der Non-Marxismus. Finance, Maschinen, Dividuum. Laika-Verlag, Hamburg 2016, ISBN 978-3-944233-69-7.
  • Ultrablack of Music. Feindliche Übernahme. Spector-Verlag, Leipzig 2017, ISBN 978-3-95905-138-5.
  • Kapital und Macht im 21. Jahrhundert. Laika-Verlag, Hamburg 2018, ISBN 978-3-944233-90-1.
    • englischsprachige Ausgabe, aktualisiert und erweitert: Financial Capital in the 21th Century. A New Theory of Speculative Capital. Palgrave, New York 2022, ISBN 978-3-03-093150-6.
  • RIOT – Was war da los in Hamburg?: Theorie und Praxis der kollektiven Aktion. Hrsg. mit Karl-Heinz Dellwo und J. Paul Weiler, Laika-Verlag, Hamburg 2018, ISBN 978-3-944233-91-8.
  • Imperialismus, Staatsfaschisierung und die Kriegsmaschinen des Kapitals – Drei Essays. Laika-Verlag, Hamburg 2018, ISBN 978-3-944233-92-5.
  • Ultrablack of Music (Hrsg.). NON/Mille Plateaux, Frankfurt 2020, ISBN 978-3-00-064816-8.
  • Die Ekstase der Spekulation. Kapitalismus im Zeitalter der Katastrophe. Galerie der abseitigen Künste/NON.Derivate. Hamburg 2023. ISBN 978-3-948478-18-6.
  • chinesischsprachige Ausgabe: Financial Capital in the 21th Century. A new Theory of Speculative Capital. Central Compilation and Translation Press.
  • In the Delirium of Simulation. Baudrillard Revisited. Becoming Press / NON. Berlin 2024. ISBN 978-9925-7984-7-6

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Vita Achim Szepanski (Memento des Originals vom 6. März 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/edition-mille-plateaux.de bei edition-mille-plateaux.de, abgerufen am 16. März 2012.
  2. Simon Reynolds: Generation Ecstasy: Into the World of Techno and Rave Culture. Routledge Chapman & Hall, 1999, ISBN 0-415-92373-5, S. 363.
  3. a b Aber es ist doch eigentlich nur Musik. (Memento des Originals vom 24. Oktober 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berliner-zeitung.de In: Berliner Zeitung. 25. Mai 2001.
  4. Alec Empire - SuEcide (Pt.2) bei discogs.com, abgerufen am 26. März 2012.
  5. Various - Destroy Deutschland! bei discogs.com, abgerufen am 26. März 2012.
  6. Explore: Glitch bei allmusic.com, abgerufen am 16. März 2012.
  7. Sebastian Meissner: Achim Szepanskis Mille Plateaux. (PDF) In: Manuskript der Sendung - Seite 9. WDR3, 2014, abgerufen am 18. Oktober 2017.
  8. Zurück in die Zukunft. (Memento des Originals vom 16. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.spex.de In: spex, abgerufen am 16. März 2012.
  9. Marcus S. Kleiner, Achim Szepanski (Hrsg.): Soundcultures. Über elektronische und digitale Musik. perlentaucher.de, abgerufen am 16. März 2012.